Am 25.-26.09.2023 fand die 24. Beschaffungskonferenz in Berlin statt. Anlass ihrer Etablierung im Jahre 1997 waren die Fragen gewesen, wie ostdeutsche Betriebe in das öffentliche Beschaffungswesen der Bundesrepublik zu integrieren seien. Während nicht-monetäre Aspekte damals noch als „vergabefremd“ galten, ist die Beachtung strategischer Ziele (wie z.B. Mittelstands- und Innovationsförderung, Umwelt- und Klimaschutz, oder Arbeits- und Menschenrechtsschutz entlang globaler Lieferketten) seit der EU-Vergaberechtsreform 2014 nicht nur rechtssicher möglich, sondern zunehmend auch politisch gewollt.
Dies spiegelt sich nicht nur in der aktuellen Debatte um das Vergabetransformationspaket des BMWK wider, sondern zeigte sich auch auf der Konferenz bereits im Eröffnungsplenum, als Dr. Elga Bartsch vom BMWK betonte, dass das öffentliche Vergabewesen angesichts seines immensen Auftragsvolumens einen wichtigen Beitrag zur sozial-ökologischen Transformation unserer Wirtschaft und Gesellschaft leisten könne und müsse – auch wenn die oberste Priorität im gegenwärtigen Reformprozess die Vereinfachung, Beschleunigung und Digitalisierung des öffentlichen Beschaffungswesen seien. In diesem Zusammenhang forderte sie ferner, dass öffentliche Auftraggeber den bereits bestehenden Spielraum zur Berücksichtigung öko-sozialer Kriterien in Ausschreibungsprozessen bewusster nutzen sollten: „Tragen Sie mit, dass die öffentliche Beschaffung ihrer Vorbildfunktion nachkommt; dann kümmern wir uns um Vereinfachung.“
Auch im weiteren Verlauf der Veranstaltung wurde wiederholt betont, dass die notwendige Transformation des öffentlichen Konsums im Sinne größerer Nachhaltigkeit wohl weniger eine Frage der gesetzlichen Regulierung, sondern vielmehr eine Frage der lokal vorhandenen Prozesse, Strukturen, Ressourcen und Kultur ist. In diesem Zusammenhang plädierten etwa einige Unternehmensberater der KPMG im Rahmen eines Workshops dafür, die Prozesse vor und nach der Vergabe stärker zu berücksichtigen, um dadurch den Vergabeprozess selbst zu entlasten und dennoch strategische Schwerpunkte setzen zu können. Sie sprachen sich hierbei vor allem für die vorgelagerte Erstellung einer Einkaufsstrategie und verschiedener Warengruppenstrategien sowie die aktive Nutzung von Markterkundungen und -dialogen aus; wie auch für die Etablierung eines professionellen nachgelagerten Vertrags-, Lieferanten- wie auch Katalogmanagementsystems. Den Erfolg eines solchen Vorgehens bestätigte Andreas Weigmann im Rahmen des Abendplenums, indem er die Vorgehensweise von Hessen Mobil vorstellte. Die dortige Vergabestelle setze sich nicht ausschließlich mit juristischen Aspekten der Vergabe auseinander, sondern betreibe vielmehr ein aktives Warengruppenmanagement, das es u.a. erlaube, auch konjunkturelle Aspekte bei der Einkaufsplanung zu berücksichtigen. Zudem ermöglichten die intensive Auseinandersetzung mit den einzelnen Warengruppen und die daraus resultierenden guten Kenntnisse dieser die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien sowohl in den Ausschluss- als auch in den Wertungskriterien. Weigmann bestätigte damit zugleich die Erkenntnisse eines anderen Nachmittagworkshops, denn auch das Panel zur aktuellen Reform der Bundeswehrbeschaffung kam zu dem Schluss, dass die intensive Auseinandersetzung mit den eigenen Bedarfen sowie mit den Möglichkeiten des Marktes die wichtigsten Elemente sind, um die eigenen Beschaffungsprozesse effizienter und zugleich nachhaltiger zu gestalten.
Zu Beginn des zweiten Tages unterstrich Ilse Beneke von der Kompetenzstelle für nachhaltige Beschaffung beim Beschaffungsamt des BMI im Rahmen des Morgenplenums die besondere Verantwortung öffentlicher Auftraggeber zur nachhaltigen Ausgestaltung ihrer Beschaffungsvorgänge aufgrund internationaler Verpflichtungen im Zuge der Agenda 2030 (#SDG12.7), was sich glücklicherweise zunehmend in den Nachhaltigkeitsstrategien von Bund, Ländern und Kommunen widerspiegeln würde. Auch Ria Müller vom Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Klimaschutz des Landes Brandenburg betonte die völkerrechtliche Verpflichtung der öffentlichen Hand zu nachhaltigerem Konsum und unterstrich ferner die besondere Hebelwirkung des öffentlichen Konsums; so hätte bspw. eine Umrüstung der Straßenbeleuchtung in Deutschland das Potential, rund 1,5 Mio. CO2-Äquivalente einzusparen. Zugleich war man sich jedoch einig, dass eine nachhaltigere Ausgestaltung des öffentlichen Beschaffungswesens nach einer anderen Qualifizierung und größeren Wertschätzung für Beschaffer:innen verlange. Angesichts der erhöhten Komplexität (aufgrund der Erweiterung des Beschaffungsprozesses um ökologische, soziale und innovative Aspekte) und vor dem Hintergrund des gegenwärtigen „War for Talents“ (aufgrund des demographischen Wandels) bedarf es angemessener Arbeits- und Rahmenbedingungen, denn:
„Transformation braucht Menschen, die den Wandel tragen.“ (T. Heine, Kleine Kniffe)
Falls Sie hierbei Unterstützung benötigen, zögern Sie bitte nicht uns zu kontaktieren. Das EINE WELT Netzwerk Sachsen-Anhalt e.V. unterstützt Sie gerne dabei, die umwelt- und arbeitsrechtlichen Risiken der verschiedenen Warengruppen zu eruieren und entsprechende Mechanismen zu etablieren, um diese Risiken zu minimieren und Ihre Vergaben so nachhaltiger zu gestalten.