Justice is Everybody’s Business – Kampagne zum Europäischen Lieferkettengesetz

Vor wenigen Tagen jährte sich zum zehnten Mal der verheerende Großbrand in der pakistanischen Textilfabrik „Ali Enterprises“. Am elften September 2012 verloren 259 Menschen bei dieser Katastrophe ihr Leben. Weil bei „Ali Enterprises“ größtenteils für den deutschen Bekleidungsdiscounter KiK produziert wurde, warf das Unglück ein Schlaglicht auf die Mitverantwortung hiesiger Unternehmen für die verheerenden Arbeitsbedingungen in den Ländern, die die Ware produzieren. Zwar wurde eine Zivilklage von Betroffenen gegen KiK 2015 aus formalen Gründen abgewiesen, doch damit blieben Fragen nach der Unternehmensverantwortung ungeklärt. [1]

Im Jahr 2019 nahm ein breites Bündnis aus zivilgesellschaftlichen Organisationen den unrühmlichen Jahrestag zum Anlass, um die Initiative Lieferkettengesetz zu gründen. Mittlerweile gehören mehr als 130 Menschenrechts-, Entwicklungs- und Umweltorganisationen sowie Gewerkschaften und kirchliche Akteure der Initiative an. [2] Ziel war es, die Bundesregierung dazu zu bringen, Rahmenbedingungen zu schaffen, die Menschenrechtsverletzungen und Umweltschädigungen durch das unternehmerische Handeln deutscher Firmen begrenzen. Mit der Verabschiedung des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz durch den Bundestag im Juni 2021 wurde dieses Ziel zumindest teilweise erreicht.

Trotz dieses Erfolgs bleibt die Initiative jedoch am Ball, denn einerseits sind die Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes nicht weitgehend genug. So müssen Unternehmen bei mittelbaren Geschäftspartnern erst dann Risiken untersuchen, wenn sie bereits Kenntnis über mögliche Menschenrechtsverstöße haben – wenn es vielleicht schon zu spät ist. Außerdem erleichtert es das Gesetz Geschädigten nicht, Unternehmen vor deutschen Gerichten erfolgreich auf Schadensersatz zu verklagen. Andererseits agieren deutsche Unternehmen natürlich nicht im luftleeren Raum, sondern innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums mit seiner gemeinsamen Handelspolitik. Aus diesem Grund begleitet die Initiative Lieferkettengesetz nunmehr den Prozess hin zu einem Europäischen Lieferkettengesetz.

Im Februar 2022 veröffentlichte die Europäische Kommission einen Gesetzesentwurf, der vorsieht, EU-Firmen dazu zu verpflichten, ihre Zulieferer entlang der gesamten globalen Lieferkette zu überprüfen, inklusive aller direkten und indirekten Geschäftsbeziehungen. Die Ampel-Regierung hat sich in ihrem Koalitionsvertrag dazu bekannt, ein wirksames EU-Lieferkettengesetz zu unterstützen. [3] Deshalb fordert die Initiative Lieferkettengesetz, dass Bundeskanzler Olaf Scholz von seiner Richtlinienkompetenz Gebrauch machen und dieses Versprechen umsetzen soll. Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, wurde eine Petition gestartet, die bereits fast 40.000 Menschen unterzeichnet haben: https://lieferkettengesetz.de/mitmachen/

Das Europäische Lieferkettengesetz sollte demnach, um wirksam zu sein,

ausnahmslos die gesamte Liefer- und Wertschöpfungskette von Unternehmen erfassen;
Geschädigten die Möglichkeit bieten, erfolgreich vor Gerichten in Europa Schadensersatz gegenüber beteiligten Unternehmen einzuklagen;
Unternehmen verpflichten, auch Umwelt und Klima zu schützen;
eine umfassende Beteiligung der Betroffenen bei der Umsetzung des Gesetzes sicherstellen.

Mithilfe eines Europäischen Lieferkettengesetzes kann es gelingen, Mensch und Umwelt in den Liefer- und Wertschöpfungsketten von Unternehmen konsequent und umfassend zu schützen. Um das zu erreichen, muss aus den Schwächen des deutschen Lieferkettengesetzes gelernt werden. Die rechtlichen Lücken sollen mit einem umso stärkeren EU-Lieferkettengesetz geschlossen werden. Die Initiative Lieferkettengesetz meint: „Liebes Europa, yes EU can!“.

Weitere Informationen:

Für ein starkes EU-Lieferkettengesetz

Kostenloses Aktionsmaterial:

https://lieferkettengesetz.de/mitmachen/#Bestellen bzw. https://lieferkettengesetz.de/mitmachen/#Downloads

Quellen:

[1] https://www.deutschlandfunk.de/kalenderblatt-grossbrand-fabrik-pakistan-100.html [zuletzt abgerufen am 13.09.2022]

[2] https://lieferkettengesetz.de/ [zuletzt abgerufen am 13.09.2022]

[3] SPD, BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN, FDP (2021): Mehr Fortschritt wagen – Bündnis für Freiheit, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit. Koalitionsvertrag 2021 – 2025 zwischen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), BÜNDNIS 90 / DIE GRÜNEN und den Freien Demokraten (FDP).

https://www.bundesregierung.de/breg-de/service/gesetzesvorhaben/koalitionsvertrag-2021-1990800 [zuletzt abgerufen am 13.09.2022]