Bericht der Diskussionsveranstaltung Inside Fashion (R)Evolution

Im Gedenken an den Einsturz der Rana Plaza-Textilfabrik in Bangladesch am 24.04.2013 finden auch in diesem Jahr wieder zahlreiche Veranstaltung im Rahmen der Fashion Revolution Week statt.

Das EINE WELT Netzwerk Sachsen-Anhalt beteiligte sich hieran am gestrigen Abend mit einer Online-Diskussion zum Thema „Inside Fashion (R)Evolution“. Als ReferentInnen waren hierfür José Hendo und Bernhard Schipper eingeladen.

 

José Hendo (https://josehendo.com/) ist eine ugandisch-stämmige Modedesignerin mit Sitz in London, die in ihrer Arbeit die alte ostafrikanische Tradition der Barkcloth wieder aufleben lässt. Bark (engl. Baumrinde) ist ein Material, das aus der Rinde des Mutuba-Baums hergestellt wird; es handelt sich also um ein zu 100% natürliches Produkt, das gänzlich ohne den Einsatz von Chemikalien erzeugt wird. Den Mutuba-Bäumen wird dabei kein bleibender Schaden zugefügt. Barkcloth bietet somit eine nachhaltige Alternative zu herkömmlichen Textilien – zumal Mutuba-Bäumen nicht in Monokulturen gehalten werden können, da sie ein intaktes Ökosystem benötigen. Zudem ist Barkcloth seit 2005 Teil des immateriellen UNESCO-Weltkulturerbes, was eine industrielle Ausbeutung der Ressource Mutuba-Baum zusätzlich verhindert.

In der anschließenden Diskussion wurde deutlich, dass das kulturelle Erbe sowie die natürliche Umwelt nicht nur fundamentale Inspirationsquellen für die Designerin darstellen, sondern auch zur allgemeinen Entscheidungsfindung herangezogen werden sollten. Um es mit den Worten von José Hendo zu sagen: „Do your research. Know how the things you use are produced. Know the alternatives. And know your history.“ (dt. Stellt Nachforschungen an. Findet heraus, wie die Dinge, die Ihr nutzt, hergestellt werden. Kennt die Alternativen, und vergesst eure eigene Geschichte nicht.) Auf dieser Basis startete sie 2014 auch die Initiative „Bark to the Roots“ (https://josehendo.com/back-to-the-roots-initiative-b2tr/), mit der sie dazu beiträgt, diese alte Tradition mit neuem Leben zu füllen.

Demgegenüber stellte Bernhard Schipper im Namen von ScobyTec (http://www.scobytec.com/), einem Leipziger Forschungsteam, einen von ihnen entwickelten Werkstoff auf der Basis von bakterieller Zellulose vor, welches u.a. als Kunstleder-Ersatz verwendet werden kann. Das Material, welches im Rahmen eines Studienprojektes an der Burg Giebichenstein Kunsthochschule Halle erschlossen wurde und auf der Fermentation von Kombucha basiert, ist somit weder tierisch noch landwirtschaftlich, sondern rein bakteriell erzeugt. Es macht Tiere für die Lederherstellung somit überflüssig und ist zudem weitaus umweltfreundlicher als andere Kunstleder, die typischerweise auf Erdöl-Basis hergestellt werden. Tatsächlich ist das einzige Nebenprodukt der Produktion hochprozentige Essigsäure – die aber zugleich zur Wiederaufbereitung des verwendeten Wassers genutzt wird.

In der Diskussion zeigte sich, dass Herr Schipper und sein Team ihr Material aber nicht als eine nachhaltige Alternative für die Massenproduktion von Textilien (miss)verstanden haben wollen. Vielmehr stellte er unsere Kaufgewohnheiten im Allgemeinen in Frage und trat für einen bewussteren Konsum durch mündige BürgerInnen ein, die die Gefährdung von Umwelt und ArbeiterInnen in Produktionsprozessen nicht stillschweigend akzeptieren.

Die Online-Diskussion stand somit ganz im Zeichen des kritischen Konsums sowie der Suche nach nachhaltigen Alternativen für die Bekleidungsindustrie. Wir hoffen, dass es allen ZuhörerInnen als Inspiration in dieser Hinsicht dienen konnte und bedanken uns für die rege Diskussion.

 

Warum eine (R)Evolution der Modeindustrie notwendig ist, können Sie u.a. bei Femnet nachlesen. (https://femnet.de/)

Beachten Sie auch die anderen Veranstaltungen, die im Rahmen der Fashion Revolution Week 2021 in Halle (Saale) und Leipzig stattfinden; das Programm finden Sie bei Facebook https://www.facebook.com/FashionRevolutionLeipzigHalle/events/
oder unter
https://www.fairtrade-halle.de/home.html