Jahreskonferenz des Rats für nachhaltige Entwicklung: Orientierung in einer „Welt aus den Fugen“

In der Konferenz ging es vor allem um soziale Themen. Foto: Anke Scholz

Am 10. Oktober 2023 fand die 22. Jahreskonferenz des Rats für nachhaltige Entwicklung (RNE) in Berlin statt. Vor dem Hintergrund des Angriffskrieges der Terrororganisation Hamas auf den Staat Israel beschwor der RNE-Vorsitzende Reiner Hoffmann die Sustainable Development Goals (SDG) der Vereinten Nationen in seiner Eröffnungsrede als Orientierung in einer „Welt aus den Fugen“. Zugleich betonte er aber auch, dass die gegenwärtig notwendige öko-soziale Transformation unserer Wirtschafts- und Lebensweise nicht nur nach einem klaren Leitbild verlangt, sondern vielmehr noch nach positiven Visionen, wie unser Zusammenleben durch eine gelingende Transformation verbessert und bereichert werden solle.  In diesem Zusammenhang unterstrich er zudem, dass eventuelle Zielkonflikte offen zu benennen seien, damit sie gesamtgesellschaftlich gelöst werden können, wofür es wiederum ehrlicher Partizipationsmöglichkeiten auf allen Ebenen bedürfe. Daran anschließend stellte er die drei Schwerpunktthemen des RNE für das Jahr 2024 vor: Klimaschutz; Artenvielfalt; sowie Gesellschaftlicher Zusammenhalt.

Wenngleich zwei dieser drei Schwerpunktthemen eher ökologischer Natur sind, kreiste die Konferenz, die unter dem Motto „Blockaden überwinden“ stand, doch vornehmlich um soziale Fragen. Dies spiegelte sich bereits zu Beginn der Veranstaltung in einer von den Teilnehmenden erstellten Wortwolke wider, die sich vor allem um Gerechtigkeits- und Bildungsfragen drehte.

Ganz in diesem Sinne unterstrich auch Sarah Ryglewski, Staatsministerin beim Bundeskanzler, im Zuge ihres Grußwortes, dass Partizipation und Zusammenarbeit eine wichtige Grundlage gesellschaftlicher Entwicklung seien. Sie postulierte ferner, dass „Nachhaltigkeit“ das neue Normal sei, das zukünftig bei allen Aktivitäten automatisch mitzudenken sei, wobei das Sprichwort gelte „Es gibt keinen Weg, bis er gegangen ist, denn der Weg entsteht beim Gehen“. Wie auch einige andere Redner:innen an diesem Tag forderte sie in diesem Zusammenhang ein wenig Mut sowie mehr Selbstvertrauen im Umgang mit dem Thema.

Auch im weiteren Verlauf des Tages zeigte sich wiederholt, dass Partizipationsmöglichkeiten als zentrale Gelingensbedingung der öko-sozialen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft betrachtet werden, denn Aufgeschlossenheit für Veränderungen verlange nach einem Gefühl der Selbstwirksamkeit. Hierfür bedürfe es jedoch angemessener Rahmenbedingungen, da die Bereitschaft, sich mit der Transformation und den damit einhergehenden Unsicherheiten proaktiv auseinanderzusetzen, auch stark davon abhänge, inwiefern die Einzelperson die hierfür notwendigen Kapazitäten habe – dies beträfe sowohl die konkreten Arbeitsbedingungen am Arbeitsplatz als auch allgemeinere Fragen der Aus- und Weiterbildung. In diesem Zusammenhang wurde neben mehr Bildungsgerechtigkeit auch teilweise mehr Umverteilung gefordert, da Verteilungsungerechtigkeiten und -konflikte als größte Gefahr nicht nur für die Erreichung von mehr Nachhaltigkeit, sondern auch für das Fortbestehen der Demokratie gewertet wurden. Vor diesem Hintergrund wurde auch wiederholt auf die Gefahren des Rechtspopulismus aufmerksam gemacht und dafür plädiert, die Nachhaltigkeitsdebatte nicht durch diesen dominieren zu lassen – in diesem Sinne müssten bspw. wieder stärker Fluchtursachen ins Auge gefasst werden, anstatt ausschließlich Zuwanderungskonsequenzen zu diskutieren.

Bundeskanzler Olaf Scholz verwies in seiner den Veranstaltungstag abschließenden Rede schließlich auf die historische Verantwortung des Globalen Nordens, die von uns verlange, anderen Weltregionen Wachstum zu ermöglichen, ohne dass dadurch die Zerstörung des Planeten weiter vorangetrieben werde. Dafür brauche es nicht nur mehr Wertschöpfungsmöglichkeiten und eine Begrenzung der Schuldenkrise in den Ländern des Globalen Südens, sondern auch mehr nachhaltige Innovationen. In diesem Sinne müsse Europa sich als Ort nachhaltiger Innovationen positionieren, um nicht nur seine Glaubwürdigkeit, sondern auch seine Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Zugleich betonte auch Scholz die Notwendigkeit, die Transformation partizipativ und inklusiv zu gestalten: „Es muss aufgehen. Für jeden.” Zudem unterstrich auch er die Notwendigkeit, die Aus- und Weiterbildung dementsprechend weiterzuentwickeln, denn: „Wir brauchen jeden“. Es gelte, jetzt die Grundlagen für eine bessere Zukunft zu legen.

Die Veranstaltung wurde aufgezeichnet und lässt sich hier nachschauen.

Bundeskanzler Olaf Scholz verwies in seiner Rede auf die historische Verantwortung des Globalen Nordens. Foto: Anke Scholz