Am 04.04.2023 traf sich die AG Politik des ENSA, um anhand der kritischen Erörterung verschiedener Themenkomplexe die entwicklungspolitische Linie des Netzwerks zu stärken.
Zunächst wurde ein Positionspapier zur Intel-Ansiedlung diskutiert. Ausgehend von den bisherigen Debatten in vorangegangenen AG-Sitzungen ist ein Schriftstück entstanden, das im Wesentlichen zwei Themenblöcke, die bisher in der (zivilgesellschaftlichen) Debatte nur wenig thematisiert wurden, behandelt: Einmal wird der Subventionswettbewerb kritisch betrachtet, ferner wird ein Schlaglicht auf die Rohstoff-Problematik in der Halbleiterindustrie geworfen. Die Teilnehmenden der AG bewerteten den bisherigen Entwurf überwiegend positiv. Nach der Einarbeitung kleinerer Optimierungen haben die Mitglieder des ENSA nun erneut Gelegenheit, schriftlich Stellung zu beziehen.
Der zweite Tagesordnungspunt betraf das Thema Fachkräfteeinwanderung. Es ist festzustellen, dass ein schleichender Paradigmenwechsel in der heiß geführten Debatte zum Thema Migration stattfindet, fort vom omnipräsenten Thema Flucht hin zu Arbeitsmigration. Aus entwicklungspolitischer Perspektive ist allerdings zu konstatieren, dass hierbei viele wichtige Aspekte noch keine Berücksichtigung finden. Dazu gehört, die Lebensrealitäten der Migrant:innen miteinzubeziehen, schließlich kommen immer noch Menschen und nicht nur „Arbeitskräfte“. Die aktuellen rechtlichen Rahmenbedingungen, behördliche Strukturen und auch die gesellschaftliche (Willkommens)-Kultur verunmöglichen jedoch eine angemessene Realisierung dieses wichtigen Aspektes. Im Sinne der Einen Welt muss darüber hinaus berücksichtigt werden, dass Migration zu einer Stärkung der Kooperation von Herkunfts- und Zielländern führen sollte und zwar nicht im Sinne von Abschiebeabkommen o. ä.. Vielmehr sind vitale Partnerschaften auf allen Ebenen zu fördern, ein brain oder care drain in den Herkunftsländern muss verhindert werden. Gleichsam ist festzuhalten, dass der Steuerungskorridor für politische Entscheidungsträger:innen beim Thema Fachkräfteeinwanderung ohnehin gering ist, denn eine so genannte bedarfsorientierte Arbeitsmigration ist schon mit Blick auf die Einhaltung völkerrechtlicher Verträge illusorisch. Die AG Politik kam nach intensiver Diskussion darin überein, die Expertise des gesamten Netzwerks in die Bewertung dieser Fragen einzubeziehen. Insofern wird das Thema bei der nächsten AG Inland, die voraussichtlich am 11.05.2023 in Magdeburg stattfinden wird, erneut auf der Tagesordnung stehen.
Darüber hinaus behandelte die AG Politik das Thema Energiekooperationen mit dem globalen Süden. Deutschland plant etwa, grünen Wasserstoff aus Namibia sowie offshore gefördertes Erdgas aus dem Senegal zu beziehen, ferner laufen „Energiewende vor Ort“-Kooperationen mit Äthiopien. Um künftig zu diesem heiklen Thema eine Position zu entwickeln, wurden Argumente gesammelt. Diese lassen sich grob und keinesfalls abschließend wie folgt benennen:
- Pro: Wohlstandssteigerung im Partnerland (z. B. durch Stärkung Infrastruktur, Schaffung Jobs, Energiesicherung), Gelegenheit zur Aussöhnung angesichts Kolonialgeschichte (Namibia), Stärkung von Geschlechtergerechtigkeit (Senegal)
- Contra: Post-Koloniales Gebaren, Förderung des Abbaus fossiler Energieträger (Senegal), negative Auswirkungen auf lokale Bevölkerung (Fischer:innen im Senegal)
Das Thema ist komplex, doch mit der Ausarbeitung einer Positionierung arbeitet das ENSA bei wichtigen Fragen unserer Zeit am Puls derselben.
Die nächste Sitzung der AG findet am 27.06. um 10:00 Uhr – 12:00 Uhr unter diesem Link statt: https://us02web.zoom.us/j/81652981108